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Konkurrenz beim Erdgas kommt nur langsam voranDer Wettbewerb auf dem Gasmarkt erreicht den Privatkunden. Damit können die Gaspreise sinken. Aber nicht auf DauerFür Ralf Ridzewski ist schon jetzt tägliche Übung, was demnächst
überall in Deutschland funktionieren soll: Wettbewerb beim Gas. Von seinem
Büro bei der NUS Consulting Group, einem Beratungsunternehmen im Norden
Düsseldorfs, verhandelt er mit den Lieferanten über den günstigsten Tarif
für seine Kunden. Die sind allerdings allesamt Großabnehmer aus Industrie
und Handel. Aus seiner Erfahrung weiß Ridzewski aber immerhin: "Mit den Gasleuten
konnte man schon immer verhandeln." Denn schließlich könnten die meisten
Gasverbraucher vergleichsweise einfach auf Öl umrüsten. Einer von
Ridzewskis Großkunden hat schon den dritten Gasversorger in fünf Jahren.
Dieser Segen des Wettbewerbs beim Gas soll nun auch die privaten
Haushalte erreichen. Bereits seit Februar ist die Branche verpflichtet,
ihre Leitungen für die Konkurrenz zu öffnen. Der waren bislang aber die
Preise dafür zu hoch. Doch das kann sich schnell ändern. Matthias Kurth,
Chef der Regulierungsbehörde in Bonn, wird wohl noch im August die ersten
Tarifsenkungen anordnen. Beim Strom hat er erst in dieser Woche Abschläge bei den
Durchleitungsgebühren zwischen acht und 14 Prozent angeordnet. "Die
Gaswirtschaft hat ein klares Ziel: Ab Oktober 2006 soll jeder Verbraucher
frei wählen können, von welchem Anbieter er Erdgas bezieht", sagt
Klaus-Ewald Holst, Vorstandsvorsitzender der VNG, des größten ostdeutschen
Gasversorgungsunternehmens. Das dürfte allerdings in weiten Teilen ein frommer Wunsch bleiben. Denn
Wettbewerb auf breiter Front wird es auch bei verordneten
Gebührensenkungen kaum geben. Zwar formiert sich im Stillen eine Phalanx
von Unternehmen, die demnächst den etablierten Versorgern Konkurrenz
machen wollen. Aber zu wenige Firmen verfügen über die nötige Technik, um
ernsthaften Druck auf die Preise auszuüben. "Die Haushaltskunden können
Sie vorerst abhaken", sagt Detlef Weidemann, Vertriebsvorstand beim
Gasunternehmen Natgas. Er muss es eigentlich wissen. Natgas in Potsdam gehört großen
Mineralölhändlern in Stuttgart und Hamburg und ist seit sechs Jahren im
Gasgeschäft. Gekauft wird das Gas bei Händlern im Ausland, etwa in den
Niederlanden. Abnehmer sind ausschließlich Großkunden. Das kann sich
ändern, aber nicht so bald: "Wir sind schon an den privaten Haushalten
interessiert, haben aber vorerst keine konkreten Pläne", sagt Weidemann.
So geht es den meisten. Bislang gibt es erst in Berlin und Hamburg
Konkurrenz für die Stadtwerke. Das Geschäftsmodell der neuen Anbieter ist
schlicht: Sie kaufen ihr Gas als Großkunden bei den etablierten
Lieferanten und verteilen es dann weiter an die Haushalte. Das
funktioniert aber nur so lange, wie die Stadtwerke das Spiel mitspielen.
Wenn der kleine Konkurrent zur Gefahr wird, kann der Lieferant ihm den
Hahn zudrehen. "Das hat mit Wettbewerb nichts zu tun", sagt
Natgas-Vorstand Weidemann. Interessanter wird es, wenn neue Anbieter ihr Gas anderswo kaufen und
es durch die Netze der Stadtwerke nur noch hindurchleiten. Auch dem sind
aber Grenzen gesetzt. Denn wenn das lokale Stadtwerk nicht will, darf kein
anderer Anbieter seine Mess- und Abrechnungstechnik benutzen. Und über
eigene Vorrichtungen dieser Art verfügt praktisch niemand. Wer allerdings demnächst außerhalb des alten Heimatmarktes auf
Kundenfang gehen dürfte, sind die Stadtwerke selbst. Die Vorbereitungen
laufen auf Hochtouren. Zudem könnten Telekommunikationsunternehmen
Interesse am Gasmarkt finden, denn sie besitzen Steuerungs- und
Abrechnungssoftware sowie Endgeräte beim Kunden. Auch kleinere, unabhängige Anbieter wie beim Strom werden über kurz
oder lang auf dem Markt auftauchen. Noch freilich "halten sich die
Unternehmen bedeckt", heißt es beim Verband neuer Energieanbieter.
Eine andere Hürde für den Wettbewerb beim Gas ist gefallen: Marktführer
Ruhrgas hat auf Druck des Kartellamts allen seinen Großkunden zum Oktober
neue Lieferverträge angeboten, bei denen die Laufzeiten von 20 bis 30 auf
ein bis zwei Jahre verkürzt werden. Welche Auswirkungen diese verkürzten Laufzeiten auf die Preise für die
Verbraucher haben, ist allerdings ungewiss. Die Versorger sichern ihren
Gaseinkauf durch Verträge mit den Förderunternehmen, etwa bei der
russischen Gazprom, die Laufzeiten von bis zu 30 Jahren haben. Da der
Weiterverkauf nur noch mit kürzerer Lieferbindung möglich ist, kommt in
der Kalkulation eine Risikoprämie hinzu. Das treibt den Endpreis eher nach
oben. Auch wird bisher der Gaspreis an die Entwicklung des Ölpreises
gekoppelt. Auf lange Sicht wird diese Koppelung kaum zu halten sein. Für
Wettbewerbspraktiker Ridzewski in Düsseldorf sind das alles keine
Entwicklungen, die auf sinkende Gaspreise hindeuten. Wie beim Strom schon
heute, fürchtet er, dass der Gaspreis an der Börse künftig nicht von den
Energiekonzernen, sondern von Banken und Hedgefonds gemacht wird, die mit
dem Rohstoff spekulieren. Beim Strom hat diese Praxis zu Preisen weit über
den Herstellungskosten geführt. Wenn noch steigende Nachfrage nach Gas
hinzukommt, etwa aus China, hat die Gasrechnung für den Verbraucher in
Deutschland wieder die alte Richtung. Nach oben. Manfred
Fischer Artikel erschienen am 6. August 2006 |
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