»Gewinne sind zu hoch«

Südwest Presse vom 18.09.2006

Er hat Kläger schon vor dem Verwaltungsgerichtshof und dem Bundesverwaltungsgericht vertreten, vielleicht wird er im nächsten Jahr schon in eigener Sache handeln müssen: Rechtsanwalt Hans-Jörg Knäpple streitet sich mit dem Gaswerk, dem ZVB. BAD DÜRRHEIM Der Rechtsanwalt hat sich auf das Verwaltungsrecht spezialisiert und so war es ihm schon lange suspekt, wie die Gasrechnungen immer höher ausfielen und die Begründungen dafür immer gleich lautend blieben. Seit dem Jahr 2004 kürzt er die Rechnung des Zweckverbandes Gasfernversorgung Baar (ZVB) und überweist nur noch einen Teil des Geldes.

Gestern nun holte der Anwalt aus der Sonnenstraße weit aus und schickte einen geharnischten Brief an das südbadische Regierungspräsidium in Freiburg, der Rechtsaufsichtsbehörde für Kommunen und deren Eigenbetriebe. Der ZVB mache, so Hans-Jörg Knäpple, unverhältnismäßig hohe Gewinne und dies auf Kosten der Gasabnehmer.

»Bisher war man zu sehr darauf fixiert, ob es rechtmäßig ist, dass die Gasversorger die Preiserhöhungen ihrer Vorlieferanten einfach so durchleiten dürfen«, so Hans-Jörg Knäpple, der jetzt die Gewinnsituation des ZVB unter die Lupe nahm. Und er erkannte in einem Gespräch mit der NECKARQUELLE: »Bei der Gewinnproblematik hat der ZVB einen schwarzen Fleck auf der Weste.«

Der Anwalt glaubt, dass der Gaszweckverband Schwierigkeiten haben dürfte, die Billigkeit der Gewinne vor Gericht nachzuweisen. Er selbst rechnet damit, dass der ZVB gegen Ende der dreijährigen Verjährungsfrist für die Gasrechnung versucht, bei ihm die zurückgehaltenen Gelder einzuklagen.

Ungeachtet dessen hat Hans-Jörg Knäpple, der zwar nicht der Initiative Gaspreisgegner angehört, mit ihnen aber Kontakt hat, eine Rechtsaufsichtsbeschwerde gegen den ZVB an das Regierungspräsidium geschickt. Seine Feststellung: »Ich bin der Auffassung, dass der Gaspreis niedriger sein könnte und auch sein müsste, wenn der ZVB die erzielten Gewinne nur im Rahmen des rechtlich Zulässigen ausschütten würde.«

Eigentümer des ZVB sind die Kommunen Donaueschingen, Bad Dürrheim und Bräunlingen sowie die Stadtwerke Villingen-Schwenningen. Letztere verwalten noch den Anteil der Stadt Villingen-Schwenningen. An diese Anteilseigner werden auch die Gewinne ausgeschüttet, im vergangenen Jahr waren es 520000 Euro, im Vorjahr fast doppelt so viel.

Knäpple errechnet nun aus dem Verhältnis zwischen Eigenkapital und Gewinnausschüttung die Gewinnquote und die betrug im vergangenen Jahr rund 16,9 Prozent und im Vorjahr 36,3 Prozent. Diese Rendite gehe, wie der Rechtsanwalt meint, »weit über eine marktübliche Verzinsung hinaus«, eine Ausschüttung in dieser Höhe hält Hans-Jörg Knäpple schlichtweg für rechtswidrig.

Der Anwalt leitet dies aus den Bestimmungen der Gemeindeordnung und des Eigenbetriebsgesetzes her, demnach ist nur eine »marktübliche« Verzinsung gestattet. Dazu ist Knäpple ein Urteil des Bundesgerichtshofes geläufig, der festgeschrieben hat, dass Unternehmen der öffentlichen Hand bei ihren Entgelten nach dem Kostendeckungsprinzip vorgehen muss, auch dann wenn die Unternehmen privatwirtschaftlich organisiert sind wie etwa Stadtwerke.

Das würde bedeuten, dass gar keine Gewinne erzielt werden dürfen. Ausnahmsweise, so der Rechtsanwalt, erlaube der Gesetzgeber aber bei Versorgungsunternehmen eine Ausnahme vom Kostendeckungsprinzip, denn die Abgabenordnung erlaube den Eigenbetrieben Versorgungseinrichtungen und wirtschaftlichen Unternehmen, einen »angemessenen Ertrag« für den Haushalt der Gemeinde abzuwerfen, sie müssten dies aber nicht tun.

Folgerichtig ist nach Ansicht von Hans-Jörg Knäpple somit im Falle des ZVB die marktübliche Verzinsung des Eigenkapitals die Obergrenze dessen, was an die ZVB-Eigner ausgeschüttet werden darf. Der Verwaltungsrechtsanwalt zieht, um auf diese Maßzahl zu kommen, ein Urteil des höchsten baden-württembergischen Verwaltungsgerichts heran, in dem dieses den durchschnittlichen Zinssatz für langfristige Kommunalkredite als angemessene Anlagekapitalverzinsung bezeichnet und dieser liegt bei sechs Prozent. Renditen und Ausschüttungen, die über diese Grenze gehen, nennt Knäpple rechtswidrig. Bei den hier in Rede stehenden. Der Verdacht dränge sich auf, dass die preiswerte und sichere Versorgung der Einwohner mit Gas nicht mehr der Hauptzweck ist, den die Verbandsmitglieder verfolgen, »sondern vielmehr die Erzielung möglichst hoher Gewinne und Ausschüttungen für die Gemeindekassen.« Die hohe Ausschüttung des ZVB sei nach Bürgerlichem Gesetzbuch als »unbillig« zu bewerten, Knäpple fordert deshalb das Regierungspräsidium auf, darauf hinzuwirken, dass der ZVB seine Preise mit maximal sechs Prozent Verzinsung kalkuliert und die seit 2004 ausgeschütteten Gewinne von den Kommunen wieder zurückgezahlt werden müssen.

Dank dieser Zurückerstattung (immerhin 409 Millionen Euro für das letzte und 927 Millionen für das vorletzte Jahr) müsse dann der Gaspreis für längere Zeit nicht mehr erhöht werden, schätzt der Bad Dürrheimer Anwalt.(hje)