20.12.2006 14:44

Prozesse Energie Verbraucher

BGH will erstmals über richterliche Gaspreiskontrolle entscheiden

Karlsruhe (dpa) - Der Bundesgerichtshof (BGH) wird am 14. März erstmals darüber entscheiden, ob Verbraucher überhöhte Gaspreise vor Gericht überprüfen lassen können. Diesen Termin gab das Gericht zum Abschluss einer mündlichen Verhandlung über die Klage eines Gaskunden gegen eine Tarifanhebung bekannt.

dpa Die hohen Gaspreise beschäftigen jetzt auch den Bundesgerichtshof. Nach den teilweise drastischen Preissteigerungen der vergangenen Jahre hat das Verfahren grundsätzliche Bedeutung, da der BGH bisher noch nicht entschieden hat, ob die so genannte Billigkeitskontrolle (die Überprüfung der Angemessenheit) nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) auch auf Gaspreise anwendbar ist. Bundesweit sind nach Angaben des Gasversorger-Anwalts Bernd Kunth dazu mehrere hundert Gerichtsverfahren anhängig: «Die Verbraucher, die Gaswirtschaft und die Anwälte warten auf ihre Entscheidung», appellierte er an das Karlsruher Gericht.

Geklagt hat Klaus von Waldeyer-Hartz aus Heilbronn, ein regional als «Gaspreis-Rebell» bekannt gewordener pensionierter Richter. Er wendet sich gegen die Anhebung der Preise durch die Heilbronner Versorgungsgesellschaft (HVG) zum 1. Oktober 2004 um zehn Prozent und beanstandet unter anderem, dass wegen der Ölpreisbindung ein von den wirklichen Kosten unabhängiger Automatismus für den Anstieg der Gaspreise besteht. Während das Amtsgericht Heilbronn ihm Recht gab, wies das dortige Landgericht seine Klage Anfang des Jahres ab. Sein Anwalt Volkert Vorwerk forderte den BGH auf, Paragraf 315 BGB als Schutzinstrument zu Gunsten der Gaskunden anzuwenden: «Wenn wir dies nicht beachten, würden wir die Verbraucherrechte mit Füßen treten.»

Nach den Worten des BGH-Senatsvorsitzenden Wolfgang Ball ist die Anwendbarkeit des Paragrafen 315 auf diesen Fall wohl bereits durch ein früheres BGH-Urteil vorgezeichnet. Nach der Vorschrift, die der BGH etwa auf Wasserversorgung, Fernwärme und Stromnetzentgelte angewandt hat, ist die einseitige Festsetzung von Preisen und Tarifen «nach billigem Ermessen» zu treffen und gerichtlich überprüfbar. Ob damit bereits ein Sieg des Klägers im konkreten Prozess verbunden ist, ist nach den Ausführungen des Richters eher unwahrscheinlich. Entscheidend sei, ob die HVG vor dem Landgericht hinreichend nachgewiesen habe, dass die Preisanhebung um 0,37 Cent pro Kilowattstunde der Billigkeit entspreche, sagte Ball.

Bei zwei Hauptargumenten des Klägers meldete der Vorsitzende deutliche Zweifel an. Nach seinen Worten wird das Thema Ölpreisbildung im Urteil aller Wahrscheinlichkeit nach keine Rolle spielen: «Wir haben erhebliche Zweifel, ob dieser Gesichtspunkt in die Billigkeitskontrolle einbezogen werden kann.» Zudem hatte der Anwalt des Gaskunden geltend gemacht, die HVG habe mit einem Anstieg der eigenen Gasbezugspreise allein die Tarifkunden belastet und Sondervertragskunden wie etwa Unternehmen dabei ausgespart; auch in diesem Punkt zeigte Ball sich skeptisch.

HVG-Anwalt Achim Krämer wehrte sich vor allem gegen eine Verpflichtung der Energieversorger, im Rahmen der Billigkeitskontrolle umfassend Einblick in ihre Preiskalkulation zu geben. Im konkreten Fall gehe es allein um die Prüfung der Erhöhung - nicht des Tarifs insgesamt, so dass den Klägern der Einblick in die Gesamtkalkulation verwehrt bleiben müsse. Sein Kollege Kunth warnte davor, dass die Gerichte mit entsprechenden Unterlagen «verstopft» würden und mahnte, «Paragraf 315 nicht zum Instrument gerichtlicher Preisgenehmigung zu machen».