Sie erhalten nun eine Pressemitteilung des Bundes der Energieverbraucher e.V.

Gerichte in Düsseldorf, Bremen, Karlsruhe und Hamburg entscheiden für Verbraucherrechte

(13. April 2006) Das Oberlandesgericht in Düsseldorf und das Landgericht Hamburg haben in aktuellen Entscheidungen das Verbraucherrecht auf billige Gaspreise bestätigt. Der Bund der Energieverbraucher hat dies ebenso begrüßt, wie die vorausgegangenen Entscheidungen in Bremen und Karlsruhe. Verbraucher sollten sich dadurch ermutigt fühlen, ihre Rechte wahrzunehmen und sich wirksame gegen überhöhte Preise zu wehren.

Viele Versorger schüchtern derzeit die Verbraucher durch Schreiben von Anwaltsbüros oder Drohung mit einem Gerichtsverfahren ein. Weil die Versorger ihre schlechten Aussichten vor Gericht kennen, bleibt es bei der Drohung mit einer Klage. Der Bund der Energieverbraucher bezeichnet es als ein Gipfel der Feigheit, mit Klagen zu drohen und dann doch nicht zu klagen. In den letzten Wochen wurden keine neuen Klagen gegen Protestkunden bekannt. Bei einer Klage müssen Versorger ihre Kalkulation offenlegen. Erst dann kann überhaupt beurteilt werden, ob die verlangten Preise der Billigkeit entsprechen.

Vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf nahmen die Niederrheinwerke Viersen nach einer mündlichen Verhandlung am 12. April 2006 vor dem Kartellsenat (Az VI - 2 U 16/05 (Kart)) ihre Berufung gegen eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Mönchengladbach zurück (Az: 7 O 116/05). Der Fall: Ein Verbraucher hatte seine Gasrechnung wegen fehlender Billigkeit gekürzt, nachdem er zuvor schriftlich die fehlende Billigkeit gerügt hatte. Der Versorger hatte ihm daraufhin den Versorgungsvertrag gekündigt. Durch eine einstweilige Verfügung verpflichtete das Landgericht auf Antrag des Verbrauchers die Niederrheinwerke zur weiteren Versorgung. Gegen diese einstweilige Verfügung hatte der Versorger Berufung eingelegt. Das Landgericht hatte die einstweilige Verfügung daraufhin durch ein ausführliches Urteil bestätigt.

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Gegen dieses Urteil hatten die Niederrheinwerke Berufung eingelegt und nach mündlicher Verhandlung zurückgenommen. Der Kartellsenat des Oberlandesgerichts hat den Niederrheinwerken eine Pflichtverletzung vorgeworfen, weil diese ihrerseits nicht gegen die überhöhten Preise des Vorlieferanten vorgegangen seien. Das sei durchaus möglich gewesen, wie das "Lichtblick-Urteil" des BGH vom 18. Oktober.2005 gezeigt habe.

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Der Versorger sei zur Offenlegung seiner Kalkulation verpflichtet, weil der § 315 BGB hier direkt anwendbar sei. Das Landgericht konnte die Gaspreise nicht prüfen, da die Kalkulation nicht offengelegt wurde. Das Unternehmen sei als Grundversorger nach dem neuen Energiewirtschaftsgesetz zur Versorgung verpflichtet.

In Hamburg nahm das Landgericht erstmals Stellung zur Bewertung der sogenannten Offenlegung der Kalkulation durch E.ON Hanse (Beschluss vom 5. April 2006, Az: 301 O 32/05). Die klagenden Verbraucher hatten die von E.ON Hanse vorgelegten Daten als absolut unzureichend kritisiert und in einem Gutachten von Prof. Leprich zusammengestellt, welche Daten zur Prüfung der Billigkeit notwendig sind.

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Das Landgericht will die gesamten Preise auf ihre Billigkeit überprüfen und nicht nur die Preiserhöhung. Denn die Preise könnten bereits vor der Erhöhung unbillig hoch gewesen sein und wären sie dann auch nach der Erhöhung. Dabei beruft sich das Landgericht auf das sog. "Lichtblick-Urteil" des BGH-Urteil, wonach Preiserhöhungen nur dann zulässig seien, wenn sie nicht durch rückläufige Kosten in anderen Bereichen ausgeglichen werden.

Auch sei nicht der Marktpreis maßgeblich für die Billigkeit, weil es einen Wettbewerb nicht gebe und auch die Preise anderer Gasversorger keine Wettbewerbspreise seien. Die fachkundige Auswertung beigebrachter Tatsachen durch den Versorger sei kein Ersatz dafür, diese Tatsachen selbst offenzulegen. E.ON Hanse muss sich zu diesem Beschluss nun innerhalb von vier Wochen äußern.

Vor dem Landgericht Bremen hatten 59 Gaskunden Klage gegen die letzten vier Preiserhöhungen erhoben. Beim ersten Verhandlungstermin am 24. März 2006 brachte es die Richterin Britta Gustafsson auf einen einfachen Satz "Das führt im Ergebnis zur Unwirksamkeit der Preiserhöhungen der Beklagten". Die Voraussetzungen für eine Preiserhöhung hätten nicht vorgelegen. Das Landgericht berief sich auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21.September 2005, das der Bund der Energieverbraucher erstritten hatte.

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Zusätzliche Unterstützung erhielten die Verbraucher auch vom Bundesgerichtshof in Karlsruhe. Dort liegen derzeit zwei Klagen von Verbrauchern gegen Gaspreiserhöhungen zur Entscheidung, die von den Amtsgerichten Heilbronn und Karlsruhe zunächst positiv und von den jeweiligen Landgerichten dann abschlägig beschieden wurden. In einem Urteil vom 15.02.2006 - VIII ZR 138/05 entschied der Bundesgerichtshof unlängst, dass die Billigkeitsprüfung auch greift, wenn keine Monopolsituation vorliegt. [mehr...]

Eine Richterin des Bundesgerichtshofs, Frau Barbara Ambrosius, hat sich in einem Vortrag vor dem Deutschen Mietrechtstag ausführlich zur Billigkeitsprüfung geäußert. [mehr...]

Die Beweislast für die Billigkeit liege eindeutig beim Versorgungsunternehmen. Der Verbraucher braucht dagegen seine Zweifel an der Billigkeit nicht zu begründen. Der verlangte Preis habe sich nach einer Entscheidung aus dem Jahr 1991 an den Kosten zu orientieren. Preise, die auf eine schlechte Betriebsführung zurückgingen, seien schon deshalb unbillig. Aus der Privatisierung der Energieversorgung folge zwangsläufig die Zuständigkeit der Zivilgerichte.

Immer mehr Gas- und auch Stromkunden wehren sich bundesweit gegen die Preiserhöhungen. Der Bund der Energieverbraucher hat zur Aufklärung und Ermutigung der Verbraucher zwei Broschüren erstellt. Sie können auch in größeren Stückzahlen kostenlos beim Bund der Energieverbraucher abgerufen werden. Sie sind im Internet abrufbar unter



Kontakt für Presserückfragen: Dr. Aribert Peters, Tel.: 02224 960 34 36, mobil: 0170 44 88 606.

Der Bund der Energieverbraucher e.V. ist der Zusammenschluss von privaten und kleingewerblichen Energieverbrauchern in der Bundesrepublik. Der Verein hat über 10.000 Mitglieder und finanziert sich ausschließlich durch Mitgliedsbeiträge.

Internetadresse: www.energieverbraucher.de