Energie

Die Gaspreise sind seit 2005 um 30 Prozent gestiegen

Von Holger Schmidt
16. Januar 2007 Für die deutschen Haushalte ist Gas zum Jahreswechsel abermals teurer geworden. Im Durchschnitt zahlt ein Haushalt in Deutschland inzwischen 1355 Euro im Jahr für das Gas, knapp 10 Prozent mehr als zum Beginn des vergangenen Jahr und gut 30 Prozent mehr als Anfang 2005.

Nach einer Berechnung des Verbraucherportals Verivox für die Frankfurter Allgemeine Zeitung auf der Basis der am 16. Januar 2007 gültigen Gaspreise sind die Stadtwerke Leipzig Deutschlands teuerster Gasanbieter, während die Entega-Tochtergesellschaft eben im südhessischen Bensheim den günstigsten Preis für Gas anbietet (siehe auch: Alle aktuellen Gaspreise in Deutschland). In Leipzig muss ein Durchschnittshaushalt mit 20.000 Kilowattstunden Verbrauch bei einer Heizleistung von 10 Kilowatt inzwischen 1582 Euro im Jahr für sein Gas zahlen, etwa 13 Prozent mehr als im vergangenen Jahr und sogar 46,5 Prozent mehr als in Bensheim, hat Verivox errechnet.

Stärkster prozentualer Anstieg in Soest

Den stärksten prozentualen Preisanstieg zum Jahresbeginn müssen die Haushalte in Soest tragen: Die dortigen Stadtwerke haben den Preis für die genannte Menge um fast 14 Prozent angehoben, liegen damit aber immerhin noch unter dem deutschen Durchschnitt. Auch die Haushalte in Magdeburg, Gera, Dachau, Kornwestheim oder im hessischen Friedberg müssen in diesem Jahr mehr als 10 Prozent Preissteigerung verkraften.

Als Ursache für den starken Anstieg in den vergangenen beiden Jahren nennen die Anbieter vor allem die gestiegenen Beschaffungskosten für Gas und – wie die Stadtwerke Leipzig – auch hohe Investitionen in die Sanierung der Gasleitungen. „Die Kostenfaktoren sind aber nur zu einem geringen Teil geeignet, die Preisunterschiede zu erklären“, moniert Aribert Peters vom Bund der Energieverbraucher. Gemeinsam mit den Wettbewerbshütern in Deutschland und Europa macht er vor allem den mangelhaften Wettbewerb auf dem Gasmarkt für die hohen Preise und die starke Spannbreite der Preise verantwortlich. „Im Gasbereich kommt der Wettbewerb trotz der Liberalisierung nur schleppend in Gang“, sagt Bundeskartellamtspräsident Ulf Böge.

„Zurzeit sehen wir nur die Spitze des Eisbergs“

Welche Effekte Wettbewerb haben kann, zeigt sich in Südhessen. Dort macht der Energieversorger GGEW und dem Platzhirschen Entega erfolgreich Konkurrenz. Als Reaktion hat die Entega-Muttergesellschaft HSE die Vertriebsgesellschaft e-ben gegründet, die mit dem bundesweit günstigsten Gasangebot im GGEW-Gebiet auf Kundenfang geht. Die anderen Entega-Kunden bekommen diesen Preis allerdings nicht. „Die langjährigen treuen Entega Kunden müssen überhöhte Preise zahlen, um die Dumpingpreise der HSE-Firma e-ben quersubventionieren zu können“, klagt der GGEW-Vorstandsvorsitzende Peter Müller.

Daneben sind bisher nur in Hamburg, Berlin, Bonn und einigen kleineren Orten neue Anbieter wie Nuon oder der Frankfurter Versorger Mainova gegen die etablierten Energiekonzerne oder Stadtwerke angetreten. Das ändert sich aber jetzt: „In weiteren Städten sind neue Anbieter in den Startlöchern“, sagt Michael Feist, Präsident des Bundesverbandes der Gas- und Wasserwirtschaft. Neben ausländischen Akteuren oder jungen deutschen Unternehmen wie Flexgas könnten sich in diesem Jahr sogar die großen deutschen Versorger dem Druck der Politiker in Berlin und Brüssel beugen und ihr Gas außerhalb ihres Kerngebietes anbieten. „Zurzeit sehen wir nur die Spitze des Eisbergs. Viele Anbieter rechnen intensiv, wo sich der Einstieg in den Gasmarkt lohnt. Sobald die Netznutzungsentgelte feststehen, wird der Wettbewerb in vielen Städten und Regionen losgehen“, erwartet Peter Reese, Energiefachmann bei Verivox.

Bundesnetzagentur will Wettbewerb ankurbeln

Die Netznutzungsentgelte müssen neue Anbieter an die Betreiber der Gasnetze zahlen, um einen Kunden beliefern zu können. Bisher hat die Bundesnetzagentur erst 40 Anträge genehmigt – meist mit üppigen Abschlägen auf die geforderte Entgelthöhe. Mit den Abschlägen will die Bundesnetzagentur den Wettbewerb ankurbeln. Denn je niedriger diese Entgelte ausfallen, desto größer ist der finanzielle Anreiz eines Markteinstiegs für einen neuen Anbieter und desto höher können auch die Preisvorteile gegenüber dem bisherigen Anbieter sein. Denn noch sind die Vorteile bei einem Wechsel zu einem neuen Anbieter minimal. Immerhin 5 Prozent Ersparnis gegenüber dem etablierten Versorger verspricht das Berliner Unternehmen Flexgas, das sobald wie möglich mit der Belieferung seiner Kunden beginnen will.

Über den Antrag der Stadtwerke Leipzig, wo ein Konkurrenzangebot wegen der hohen Preise lohnend sein könnte, hat die Bundesnetzagentur noch nicht entschieden. „Wegen unserer hohen Investitionen in die Gasnetze sind die beantragten Netznutzungsentgelte aber entsprechend hoch“, sagte eine Sprecherin. Ein Wettbewerber sei in Leipzig nicht in Sicht.

Entlastungen zum Jahresbeginn

Da der öffentliche Druck auf die Gasversorger immer stärker wird und gleichzeitig der Ölpreis, an den der Gaspreis gekoppelt ist, seit Wochen fällt, haben einige Anbieter trotz der gestiegenen Mehrwertsteuer den Preis zum Jahresbeginn gesenkt. Die Rangliste wird von den Stadtwerken Hilden angeführt. Dort wurden die Haushalte um 5,2 Prozent entlastet wurden. Auch die Stadtwerke Uelzen und Bad Brückenau haben ihre bereits unterdurchschnittlichen Preise zum Jahresbeginn noch einmal knapp 4 Prozent nachgelassen.

Auch der große Regionalanbieter Eon Hanse senkt seinen Gaspreis für rund 500.000 Kunden in Norddeutschland zum 1. März um 4 Prozent. „Wir schöpfen unseren Spielraum voll aus und geben die geringeren Bezugskosten als Preisvorteil an unsere Kunden weiter“, sagte Vorstandschef Hans-Jakob Tiessen. Die Bindung der Gaspreise an den Ölpreis wirke mit zeitlicher Verzögerung in beide Richtungen.