Leserbrief zum Artikel
"Erneut Kontrolle"
Neckarquelle vom Samstag, dem 08.04.2006
Bewirkt hat sie für die Verbraucher nix; die erste ministerielle
Energiepreis-Kontrolle. Trotzdem wird das Wirtschaftsministerium
Baden-Württemberg die Preisanpassungen der Gasversorger
gegenüber den Haushaltskunden für den Zeitraum 1. Oktober 2004
bis 1. April 2007 erneut untersuchen.
Gut so! Aber was bringt's endlich?
Denn Preisanpassungen, die dem Wirtschaftsministerium für einen
längeren Zeitraum angezeigt werden müssen, sind wie längst schon
beim Strom eine wirkungslose Anzeigepflicht. Weit hilfreicher
und besser für Baden-Württemberg wäre eine Genehmigung der
Preisanpassungen, wie diese in Hessen praktiziert wird.
Bezahlen Haushalte in Baden-Württemberger doch die höchsten
Strom- und Gaspreise in ganz Deutschland.
Preisunterschiede bis zu 30 Prozent unter den Gasversorgern
Baden-Württembergs wurden bei der ersten Kontrolle im Januar
festgestellt.
Während sich das Wirtschaftsministerium lediglich auf die fünf
teuersten Anbieter konzentrierte, wurde das durchschnittliche
sehr hohe Preisniveau offensichtlich stillschweigend akzeptiert.
Zufrieden gab sich das Wirtschaftsministerium mit dem
Versprechen der vier teuersten Versorgern, 2006 keine weiteren
Preiserhöhungen, vorzunehmen.
So wurden die "Ermittlungen" prompt eingestellt. Begründungen
für die hohen Preise wurden weder gesucht, noch gesucht oder gar
veröffentlicht.
Auch wurden vom Ministerium die Preise nicht auf deren
Billigkeit gemäß Paragraf 315 BGB und dem geltenden
Energiewirtschaftsgesetz überprüft.
Dass ausgerechnet der billigste Gasversorger, die ENBW,
vergangenes Geschäftsjahr einen Rekordgewinn erzielte, müsste
auch Herrn Pfister zu denken geben.
Wollte man tatsächlich Preisunterschiede klären, müsste dies für
die Vergangenheit und nicht für die Zukunft geschehen.
Gilt doch für den Zeitraum 1998 bis 2006 als Fakt: der
durchschnittliche Preis für private Gaskunden stieg bei einer
Abnahmemenge von 20000 Kilowattstunden um netto 1,5 Cent je
Kilowattstunde stärker als der Preis für Gasimporte stieg.
Folglich haben die Anbieter mehr als nur ihre Bezugskosten
weitergegeben - die Marge wurde deutlich höher!
Aktuell sind im Januar 2006 die Gasimportpreise sogar gesunken.
Viele Gasversorger haben ihre Preise gleichzeitig jedoch um bis
zu 14,4 Prozent erhöht. Die Stadtwerke verweisen deswegen auf
den Vorlieferanten GVS Stuttgart, der jedoch keine Stellung
nehmen will.
Schließlich erhält die GVS ihr Gas von Importeuren wie der
Wingas Mannheim oder direkt von Eni Italia. Und die GVS, die
gehört zur Hälfte der ENBW.
Während die SVS Villingen-Schwenningen ihre enormen Gewinne aus
den Energieumsätzen Jahr für Jahr mit den Millionenverlusten der
städtischen Bäder GmbH verrechnet, verfolgt das Finanzamt bei
deren Veranlagung offenbar nicht das Totalgewinn-Prinzip.
Denn öffentliche Bäder bringen eben keinen Gewinn, wozu man aus
dem Finanzamt Villingen hören kann: "Manche sind halt gleicher".
Ein weiterer Widerspruch zum Energiewirtschaftsgesetz, nach
dessen Grundsatz mit Energie möglichst preiswert versorgt werden
muss. Doch die Behörden in Baden-Württemberg schauen nur duldend
zu.
Wenn Herr Pfister vorgibt, die Haushaltskunden entlasten zu
wollen, dann möge sich der wirtschaftlich gereifte Ex-Lehrer für
die Senkung von Erdgassteuer (0,55 Cent je Kilowattstunde) und
Mehrwertsteuer (rund 0,75 Cent je Kilowattstunde) einsetzen.
Insgesamt haben Gaskunden von diesem Wirtschaftsminister jedoch
nichts erwarten. Da stören schon WM Tickets aus der
Energiebranche, die sich damit nicht ins Licht des Vertrauens
gestellt hat.
Auch Finanzminister Stratthaus ist als Aufsichtrat bei der ENBW
in Sachen Energiebranche möglicherweise befangen.
Somit handelt es sich bei der erneuten Kontrolle lediglich um
eine weitere Beruhigungspille für brav zahlende Gaskunden.
Meine Empfehlung: Man lege auf jeden Fall gegenüber dem
Gasversorger Widerspruch ein gemäß §315 BGB
(www.gaspreis-runter.de oder www.vsbd-gaspreis.de oder
www.energieverbraucher.de ). Denn Verbraucher können nur noch
auf die Gerichte hoffen.
Reiner Simon und Wolfgang Bräun